Warum Erlacher Kanten ein Scheidungsgrund sind

Petra, ernst: Peter, setz Dich, wir müssen reden.

Peter: Schau nicht so traurig. Eben habe ich in der Garage angerufen. Morgen ist der Hagelschaden geflickt, dann bekommen wir unsere Autos zurück.

Petra scharf: Versuch nicht, Dich rauszureden, Peter. Du weisst genau, um was es geht!

Peter: Weiss ich nicht. Aber Du wirst es mir gleich sagen.

Petra: Das weisst Du genau was ist. Du hast eine Geliebte!

Peter verdattert: Wer hat eine Geliebte? Ich? Spinnst Du?

Petra: Dann erklär mir mal, warum Du letzten Samstag geschlagene viereinhalb Stunden gebraucht hat, um in Ins Waschmittel und Joghurt zu kaufen.

Peter: Ich äh, erst habe ich nach Aktionen für das beste Waschmittel gesucht. Und das Bio-Kokosjoghurt ohne Lactose war schwierig zu finden. Weisst Du eigentlich, wie viele verschiedene Joghurt-Sorten es in der Coop gibt?

Petra: Ach, du hast stundenlang Joghurt gesucht. Und weshalb kommst Du fast jeden Abend zu spät nach Hause?

Peter: Weil… weil wir im Moment viel Arbeit haben.

Petra laut: Ihr habt Kurzarbeit!

Peter: Äh, ja, richtig. Weisst Du Petra, wenn die kurze Arbeitszeit nicht reicht, müssen wir auch lang arbeiten.

Petra: Erzähl keinen Blödsinn. Was hat Du eigentlich am vorletzten Samstag gemacht, als Du in Ins Schrauben kaufen wolltest? Geschlagene fünf Stunden hast Du gebraucht!

Peter: Also, ähm… Es hat etwas länger gedauert (überlegt). Also, ich bin mit dem Postauto nach Landeren…

Petra: Nach Le Landeron gefahren bist Du! Dann lebt Deine Geliebte also dort? Peter, mir reicht es. Ich lasse mich scheiden. Noch heute suche ich einen Anwalt!

Peter, aufgebracht: Du willst Dich scheiden lassen? Und ausgerechnet Du wirfst mir Untreue vor? Wer hat am letzten Sonntag im Hofladen Vinelz Blumenkohl kaufen wollen? Wer ist erst drei Stunden später zurückgekommen? DU hast einen Liebhaber!

Petra: Peter…

Peter: Warum hast Du eine neue Frisur? Und warum hast diesen kurzen Rock gekauft? Nicht wegen mir, gib es zu.

Petra, leise: Peter, ich muss Dir etwas gestehen.

Peter, laut: Also doch! Hab ich es gewusst.

Petra: Hör mir bitte zu. Ich kenne mich nicht aus mit all diesen Postautohaltestellen in Erlach. Deshalb habe ich an der falschen Haltestelle gewartet. Das Postauto ist nicht nach Vinelz gefahren, sondern nach Gals, Le Landeron, zurück nach Gals, und danach wieder nach Erlach (Petras Stimme wird immer leiser). In Erlach bin ich umgestiegen, via Tschugg zum Bahnhof Ins gefahren. Erst danach ging es endlich zurück nach Vinelz. Ich habe mich so geschämt.

Peter, sanft: Meine liebe Petra. Auch ich muss Dir ein Geständnis machen.

Petra, entsetzt: Aber nicht doch, Peter. Ich will gar nichts mehr wissen. Lass uns neu beginnen.

Peter: Petra, es gibt keine andere Frau. Aber es gibt in Erlach diese vermaledeiten Kanten. Am ersten Morgen ohne Auto habe ich nach Postauto-Haltestellen gesucht. Als ich begriff, dass diese neuerdings Kanten heissen, war das Postauto längst abgefahren. Danach bin ich, so wie Du, immer wieder an der falschen Kante gestanden. Ich war in Gampelen, Gals, Le Landeron oder Lüscherz, bevor ich irgendwann nach Ins gefunden habe, und in den Zug nach Bern einsteigen konnte. Manchmal dachte ich: Statt nach der richtigen Kante zu suchen, könnte ich mir gleich so richtig die Kante geben!

Petra, sanft: Ach Du Armer.

Peter: Ich bin so oft zu spät Arbeit gekommen, dass ich abends länger arbeiten musste. Und weisst Du was? Als ich die Schrauben in Ins kaufen wollte, bin ich irrtümlich nach Landeron gefahren. Als ich dort war, dachte ich, dass ich die Schrauben ebenso gut in einem Bieler Baumarkt kaufen kann.

Petra: Nach Biel, nur um ein paar Schrauben zu kaufen?

Peter: Nun ja, ich… ich habe noch eine Kleinigkeit gekauft.

Petra: Eine Kleinigkeit?

Peter: Ja, einen Werkzeugkoffer, einen richtig gut sortierten. Weisst Du was da alles drin ist Petra? Eine Umschaltknarre, ein Aussenvierkant, Steckschlüsseleinsätze, verschiedene Super-Lock, ein Schlosserhammer, ein Schraubendreher (redet vor Begeisterung lauter), ein Abrieb-Kreuzschlitz, Color-Bits mit Farbleitsystem, Aussen- und Innenvierkant, ein Spannungsprü…

Petra, schrill: Was hat das gekostet?

Peter: Also, eigentlich gar nicht so viel, wenn man bedenkt, was da alles drin ist.

Petra: Wie viel ist nicht viel?

Peter: Eigentlich nur… nur etwas mehr als 400 Franken.

Peter: Peter!

Die FDP Erlach setzt auf klare Kommunikation, um Missverständnisse zu vermeiden.

Stedtli? Oder doch Dorf?

Petra: (aufgeregt) Hast Du gesehen Peter, wir sind in der NZZ!

Peter: (mürrisch) Wie das denn? Mit mir hat kein einziger Journalist gesprochen.

Petra: Doch nicht wir beide, Peter. Erlach ist in der NZZ. Die Zeitung stellt die fünf reizvollsten Feriendörfchen der Schweiz vor, und wir stehen an erster Stelle. Genial, was?

Peter: Feriendörfchen? Dörfchen! Die hätten besser gar nichts geschrieben. Erlach ist ein Städtchen, seit 754 Jahren haben wir das Stadtrecht! Das ist eine Fre… (verschluckt sich am Kaffee und hustet).

Petra: Aber…

Peter (aufgebracht): Es reicht. Weisst Du noch, als wir vor fünf Jahren im Wettbewerb „Das schönste Dorf der Schweiz“ auftauchten? Damals habe ich mich so richtig geschämt. Wir sind ein Stedtli, kein blö…, äh, schnödes Dorf.

Petra: Also, mich hat damals nur geärgert, dass Erlach den ersten Platz knapp verpasst hat. Denn ein schöneres Stedtli als Erlach gibt es nirgendwo! Denk mal an die Insel, den Heidenweg, das Schloss, das Erlacher Museum, die Altstadt, die fast karibischen Strände, den Jolimont, die Tüfelsburdi, die Rebberge, die Nachtigall, die abends singt, die Eulen, die über dem Heidenweg brüten, die Biber. Und wir mittendrin…

Peter: … den Chasselas, den Pinot Noir, den Pinot Gris, den Riesling-Silvaner, den Sauvignon Blanc, den Muscat, den Malbec, den Chardonney. Warte mal, ich hole mir ein Glas Chasselas. Willst Du auch?

Petra: Prost. Siehst Du, es macht Spass, dass sogar die altehrwürdige NZZ über uns schreibt.

Peter (misstrauisch): Auch Prost. Was schreibt sie denn so?

Petra (überfliegt den Artikel nochmals): Also, hör zu. Etwa, dass das Leben in Erlach gemächlich sei, wie sonst fast nirgendwo.

Peter: Ich glaub, ich brauch einen dritte Glas, wenn ich solchen Mist höre. Ich öffne jetzt den Pinot Gris. Prost.

Petra: Peter, ich denke, du solltest etwas essen, ich mach Dir was Klei…

Peter: Nein! Die schreiben tatsächlich mächlisch, äh, gemächlich? So was Freches können nur die Zürcher sagen (schenkt sich nach). Wir Erlacher sind voll auf Zack. Wir haben das Schulhaus renoviert, der Campingplatz wird bald saniert…

Petra (energisch): Jetzt hör mal Du mir zu. Was gibt es Schöneres, als sich in einem gemächlichen Stedtli, weitab von der Hektik, zu erholen? Der Stand-Up-Paddle-Verleih wird auch lobend erwähnt oder hier, lies: Da steht, dass man mit dem Velo auf die St. Petersinsel fahren kann und dass es im Klosterhotel sogar Schaumwein gibt.

Peter: Na, dann nochmal Prost (nimmt einen grossen Schluck Pinot Gris). Diese ZNN, äh, NZZ hat sogar die Drebn… Treberwüscht… Würste vergessen!

Petra: Peter, ich mach Dir jetzt sofort einen Kaffee.

Peter: Aber weiss duwas, Pedra? Erlach isn das schönschde Dorf der Schweiss!

Petra: Peter!!!

Info: Peter schüttet nur dann viel zu viel des guten Pinot Gris in sich hinein, wenn die Medien Erlach Dorf oder Dörfchen nennen. Er ist ein feuriger Lokalpatriot. Die Red.

Die FDP Erlach setzt sich für einen nachhaltigen, gesunden und umweltverträglichen Tourismus ein.

Stedtligeflüster

Hinter der Böcklinsgasse und dem Strässchen Hinter den Häusern ist es still. Ruhig, so wie immer. Drei Buben ziehen auf einem Leiterwagen einen Dackel hinter sich her, eine Amsel singt. Erlacher Hinterhofleben. Mein Kajak ist festgezurrt auf dem zweirädrigen Wägeli. Auf zum Geschicklichkeitsparcours in Richtung Seeufer!

Es ist Sonntag, die Sonne scheint. Und jeder Erlacher ahnt: Im Stedtli, da entwickelt sich jetzt ein Wimmelbild. Ein Bild, exakt wie in den Kinderbüchern, hier ist es –  Realität. Mein Kajak und ich fädeln auf der Böcklinsgasse vorsichtig in das Wimmelbild ein. Ein Auto befährt das Einbahnsträsschen in der verbotenen Richtung, weitere Autofahrer haben glücklicherweise die erlaubte erwischt. Dazwischen Spaziergänger mit Kindern und Kinderwagen.

Mein Kajak, 5,25 Meter lang, stört da sehr. Wie den Seestrandweg überqueren, mit einem Bötchen, fast so lang, wie dieses Strässchen breit ist? Ohne dass ein Schwarm Velofahrer in das Kajak rumst; Velofahrer, die im Wimmelbild die Übersicht verloren haben. Denn auf dem Seestrandeweg bewegen sich viele, sehr viele, zu viele Autos in beide Richtungen.

Zusätzlich scheinen die Bewohner des südlichen Teils des Seestrandwegs von Besuchern überrollt zu werden. Dieser Teil des Weges ist nur für Zubringer gestattet. Angesichts des rollenden Tatzelwurms in Richtung ihrer Häuser, müssen die Anwohner einen gewaltigen Bekanntenkreis haben.

Grund für den Tatzelwurm: Der Parkplatz hinter dem Tennisplatz ist rappelvoll. Davon erfährt die nach Erlach rollende Armada leider erst, wenn sie bereits mitten im Wimmelbild stillsteht. Deshalb der dichte Verkehr; egal, ob legal, illegal oder sch… Voll von Sonnenhungrigen, die – je nach Temperament – frustriert, geduldig, verzweifelt, genervt einen Parkplatz suchen.

Auf der Kreuzung Seestrandweg/Stadtgraben passiert es dann. Das voraussehbare Drama. Eine Frau, auch sie hat wohl Wimmelbild die Übersicht verloren – sie hat sich das Schienbein am Heck meines Kajaks angeschlagen.
Sie kreischt erschrocken, ihr Mann schreit: „Können Sie nicht Rücksicht nehmen?!“

Möchte ich gerne, kann ich aber nicht. Spaziergänger, Velo-, Trottinettefahrer, Dreiräder, Rollbretter, Kinder, Kinderwagen, Hunde bewegen sich Richtung Strand. Dazwischen fahren Autos in beide Richtungen:
Sie haben den kleinen Parkplatz vor dem Gemeindecamping zur Wendeschlaufe umfunktioniert. Denn auch der Du-Port-Parkplatz, er ist – proppenvoll.
Zugestellt mit Autos, die keine Parkkarten hinter der Windschutzscheibe liegen haben. Das gibt einen hübschen Zustupf für die Gemeindekasse in Form von Parkbussen.

Ein letzter Hindernislauf zwischen den Badetüchern der Glücklichen, die einen Parkplatz ergattert haben. Kajak ins Bielerseewasser, hineinschlüpfen, paddeln. Keine Sekunde länger den knappen Platz versperren. 

Die FDP Erlach setzt sich für ein elektronisches Parkleitsystem im Stedtli ein. Ziel ist, den Gästen rechtzeitig zu signalisieren, wenn alle öffentlichen Parkplätze besetzt sind.